Kommunaler Klimaschutz - ein Gespräch mit Deutschlands erstem Klimabürgermeister

Shownotes

Martin Heilig ist der erste Klimabürgermeister in Deutschland. Wie er die Stadt Würzburg klimaneutral machen will, wie alle kommunalen Gebäude bis 2028 klimaneutral werden können und welche Hürden er dabei sieht diskutiert er mit Pia Grund-Ludwig, Chefredakteurin des Gebäude-Energieberater.

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00:00:16: Sprecher: Gebäudewende – Ein Podcast des Gebäude-Energieberater im Gentner Verlag. Hintergrund und Meinung rund um die Wärmewende im Gebäudebereich. Wir sprechen mit Fachleuten über Quartiers- und Gebäudekonzepte, die Neubauten und Gebäudebestand tauglich machen für den Klimawandel und es geht um Ideen, Lösungen, Produkte und Forschungsansätze für klimafreundliches Wohnen. Unser Thema heute: Klimawende vor Ort, im Gespräch mit Deutschlands erstem Klimabürgermeister. Martin Heilig ist Klimabürgermeister der unterfränkischen Großstadt Würzburg. Er war außerdem in Deutschland der erste Klimabürgermeister überhaupt. Der Gebäudebestand seiner Stadt soll bis 2028 klimaneutral sein. Wie der Weg dahin aussieht, erläutert Martin Heilig im Gespräch mit Pia Grund-Ludwig, Chefredakteurin des Gebäude-Energieberater.

00:01:09: Pia Grund-Ludwig: Guten Morgen, Herr Heilig, ich grüße Sie.

00:01:11: Martin Heilig: Ich grüße Sie, Frau Grund-Ludwig.

00:01:12: Grund-Ludwig: Wir sind hier ja bei Deutschlands erstem Klimabürgermeister. Wie sieht denn der Zuschnitt Ihres Amtes aus in der Stadt Würzburg? Was macht Sie zum Klimabürgermeister?

00:01:23: Heilig: Also in meinem Fall ist es tatsächlich so, dass ich der zweite Bürgermeister der Stadt Würzburg bin und damit auch der Vertreter des Oberbürgermeisters. Und auf der anderen Seite das Umwelt- und Klimareferat betreue als sozusagen als Referent. Zu diesem Bereich gehört eben das Umweltamt mit den ganzen staatlichen Stellen, die da auch zu Hause sind. Es geht um Klimaschutz und Klimaanpassung, also letzten Endes um eine Art Change Management. Und dann gehört bei mir auch die Gewässerentwicklung dazu. Ist ein ganz wichtiger Bestandteil auch. Und das Gartenamt mit Forsten.

00:01:53: Grund-Ludwig: Lassen Sie uns doch auf das Klimaschutzkonzept kommen, was Sie ja verabschiedet haben. Gibt es denn mittlerweile eine zentrale Erfassung der Energieverbräuche in den Gebäuden in Würzburg? Und was waren die Hürden dabei?

00:02:05: Heilig: Also wir haben ein kommunales Energiemanagement begonnen im Jahr 2019 und es geht hier erst mal sozusagen auch um eine Energiemanagement-Software, eine Erfassung der Energieverbräuche in den verschiedenen kommunalen Liegenschaften. Und tatsächlich ist es so, dass wir auf dem Weg sind. Also wir kriegen jetzt Zählerdaten, wir haben verschiedene Auswertungsmechanismen, die wir auch analysieren können, aber tatsächlich sind wir immer noch auf dem Weg dahin, das ganz zentral zusammen zu bekommen, um auch jederzeit reagieren zu können und genau zu analysieren.

00:02:36: Grund-Ludwig: Sie sind jetzt drei Jahre auf dem Weg. Können Sie denn schon erste Schlüsse ziehen aus den Daten, die Sie bisher schon haben?

00:02:40: Heilig: Also ganz allgemein ist es so, das dass wir ganz deutlich feststellen müssen, dass wir eben sehr viele große Gebäude haben, die auch einen Großteil der Energie verbrauchen und wo wir hier relativ viel sozusagen reinstecken müssen. Das ist sozusagen ein Learning aus dem Ganzen und das andere ist zum Beispiel, dass die Schulen energetisch wirklich in einem traurigen Zustand sind und dass wir da vor allen Dingen sehr viel tun müssen.

00:03:03: Grund-Ludwig: Was tun Sie da konkret schon?

00:03:04: Heilig: Also es ist tatsächlich so, dass wir jetzt mit einem Sanierungsfahrplan ins nächste Jahr gehen, wo wir nochmal genauer hinschauen wollen. Wir erwarten, dass wir dann auch feststellen, wie viele Millionen Euro wir in den nächsten Jahren in die Hand nehmen müssen, um die Energiestandards zu erreichen, die wir erreichen wollen. Natürlich ist es so, wenn man zum Kämmerer geht und sagt, man braucht Geld für solche Dinge, dann hilft es auch, wenn man deutlich machen kann, wie lang braucht es denn eigentlich, bis sich eine Maßnahme vielleicht sogar amortisiert? Und einfach auch noch mal, um Fördergelder zu beantragen, weil wir die brauchen, um diese großen Dinge wirklich angehen zu können, um wirklich klimaneutral zu werden. Wir wollen als Verwaltung mit unseren ganzen Gebäuden bis 2028 klimaneutral sein.

00:03:46: Grund-Ludwig: Ich habe in Ihren ersten Erhebungen gelesen, dass die schlechtesten 35 Gebäude 80 Prozent des Energieverbrauchs auf sich ziehen. Was bedeutet es denn für Ihre Sanierungsfahrpläne, wie konkret sind die und gehen Sie diese Gebäude zuerst an?

00:04:00: Heilig: Also tatsächlich ist es so, dass wir diesen konkreten, genauen Sanierungsfahrplan außer im Schulbereich, wo wir schon ein bisschen weiter sind, jetzt tatsächlich erst in Auftrag gegeben haben und jetzt angehen, um genau dies durchführen zu können, um sagen zu können, gibt es vielleicht bestimmte Komponenten, die man auch voraussehen kann, gibt es andere Sachen. Meistens ist es ja so, dass eine grundlegende Sanierung die bessere Möglichkeit ist. Aber man hat natürlich bei kommunalen Gebäuden oft auch eine große logistische Herausforderung, sozusagen mit sich bringend, weil gerade Schulgebäude kann man nicht sagen, okay, diese Schule machen wir nächstes Jahr mal zu. Das geht nicht so einfach. Dann gibt es natürlich andere Themen auch noch, die da mit reinspielen. Feuerpolizeiliche Themen, andere Dinge, die dann die dann damit reinspielen. Also diese ganzen Dinge müssen jetzt gemacht werden und dann sozusagen eins nach dem anderen auch wirklich erst mal richtig abarbeiten zu können. Natürlich haben wir auch in den letzten Jahren immer wieder auch Teile saniert, die dann offensichtlich sanierungsbedürftig waren. Aber um wirklich deutlich zu machen, Leute, es braucht noch eine viel größere Anstrengung und wie kann man die tatsächlich auch gegenfinanzieren, machen wir jetzt diesen Sanierungsfahrplan. Mir geht es auch so ein bisschen darum, tatsächlich auch haushälterisch noch mal ganz anders heranzugehen. Das bayerische Haushaltsrecht gibt uns relativ wenig Möglichkeiten, auch bei Dingen, die sich vielleicht sogar amortisieren, nach einigen Jahren sozusagen auch in die Verschuldung reinzugehen, weil es eben da strenge Richtlinien gibt. Aber auch im Deutschen Städtetag, im Bayerischen Städtetag haben wir das zum Thema gemacht. Gibt es vielleicht auch Möglichkeiten, gerade bei Wärme-Sanierungsgeschichten, wo man ganz klar nachweisen kann, das sind eigentlich so was wie rentierliche Schulden, die man da aufnehmen muss, dass das einfach besser funktioniert, wenn man die Zahlen auch auf dem Tisch hat und kann sagen, da braucht so viel Energie und mit diesen und jenen Maßnahmen könnten wir dann auch genau so und so viel Kilowatt zum Beispiel einsparen.

00:05:39: Grund-Ludwig: Das heißt, wenn ich Sie richtig verstanden habe, dann haben Sie für die Schulen jetzt einen Sanierungsfahrplan, für alle Schulen und führt es wirklich zum Ziel Klimaneutralität schon 2028, das ist ja sehr ambitioniert?

00:05:50: Heilig: Also tatsächlich ist es so, dass wir eine Art Prioritätenliste haben, wo wir sagen, diese einzelnen Dinge sind anstehend und müssen umgesetzt werden. Im Schulbereich ist das Hauptproblem das, was ich gerade schon angedeutet habe, eben die Logistik. Im Grunde genommen bräuchten wir eine komplette Schule, die wir erst mal bauen müssten, um dann zu sagen okay, eine Schule nach der anderen wird generalsaniert, da können wir komplette Schulen sozusagen umlagern und können die da hinschicken. Und Sie können sich vorstellen, dass das ein irrer Aufwand ist. Tatsächlich muss man sagen, bei der Voranalyse, die wir jetzt haben, bin ich nicht wahnsinnig optimistisch, dass wir es 2028 wirklich schaffen können, im Gebäudebereich komplett klimaneutral zu sein.

00:06:25: Grund-Ludwig: Wie ist da das Ziel?

00:06:27: Heilig: Das Ziel ist nach wie vor noch da. Aber wir gehen jetzt mit diesem Sanierungsfahrplan mal vor und schauen uns an, was kostet es uns, was können wir tun nacheinander. Momentan hat der Stadtrat dieses Ziel beschlossen und momentan halten wir noch daran fest. Ich habe nur gesagt, wenn es dann konkret wird, dann wird man sehen müssen, wo die Mittel dafür herkommen, wo das Personal herkommt dafür, das dann tatsächlich auch umzusetzen. Kriegen wir die Angebote überhaupt rein? Gerade im Handwerk, das stellen ja alle fest, haben wir ein sehr, sehr großes Problem, genug Fachkräfte zu haben, die diese Arbeiten tatsächlich durchführen.

00:06:55: Grund-Ludwig: Haben Sie denn die Voraussetzungen in den Bauämtern, um das zu schaffen? Das ist ja oft auch ein Engpass.

00:07:00: Heilig: Wir haben aufgestockt Personal sowohl im Umweltbereich, in meinem Klimareferat als auch im Hochbau. Aber das wird nicht reichen, also für die Aufgaben, die wir, die wir uns vorgenommen haben, die wir vor der Brust haben, sind wir noch nicht genug, um das auch wirklich umsetzen zu können.

00:07:14: Grund-Ludwig: Wie gehen Sie denn da mit dem Thema Energieberatung um? Wenn Sie Sanierungsfahrpläne ansprechen, machen Sie das extern oder intern?

00:07:21: Heilig: Nein, wir bieten selber auch Energieberatung an. Wir haben auch ein Förderprogramm für für Häuserbauer oder jemand, der sanieren möchte, der bekommt bei uns einen Gutschein von 500 € dazu für eine Wärmeberatung, die wir zumindest auch vermitteln. Und wir haben auch sozusagen weitere Fördertöpfe noch mal, um genau in dem Bereich klimaneutral wohnen was zu bewegen, das sind immer nur Impulse natürlich, aber mir geht es eben auch darum, dass man die richtigen Leute zusammen kriegt. Und es war ja eigentlich in den letzten Jahren auch häufig schon so, dass bei vielen Gebäuden, wenn man es mal konsequent angegangen hat, dass man dann auch gesagt hat, okay, das lohnt sich eigentlich wirtschaftlich, diese Maßnahmen vorzunehmen. Wenn die Leute sich erst mal mit Expertinnen, Experten zusammensetzen und das mal in Ruhe durchsprechen, dann kommen sie selber drauf, dass sehr gute energetische Maßnahmen tatsächlich auch zum finanziellen Erfolg mittelfristig führen.

00:08:07: Grund-Ludwig: Sie sprechen im Klimaschutzkonzept im Bereich Neubauten davon, dass die auf Klimaneutralität ausgerichtet sein sollen. Das ist ja noch eine relativ vage Formulierung. Was genau ist denn das, was Sie da umsetzen können und wollen?

00:08:21: Heilig: Wir wollen tatsächlich für unsere kommunalen Gebäude jetzt vorausgehen und wollen dort mindestens eine Effizienzstandard von KfW 40 erreichen, mit Passivhauskomponenten eben auch Vorgaben für Wärmebrücken, Verzicht auf fossile Energieträger und auch eine maximale Ausstattung der Dachflächen mit Photovoltaik, wo es geht eben auch Fassaden-Photovoltaik auch mit Höchstwerten, was U-Werte für Einzelbausteine dann eben betrifft. Das sind die Vorgaben, die wir jetzt für die kommunalen Liegenschaften haben. Und wir regen das an für die für die anderen Gebäude auch natürlich, für die privaten Gebäude in der Stadt. Aber da haben wir natürlich relativ wenig Möglichkeiten. Da geht es uns eher darum, auch mit Öffentlichkeitsarbeit darauf aufmerksam zu machen, die Standards, die zu erbringen sind, auch tatsächlich einzuhalten. Stichwort auch Gebäude-Energieausweis und das, was auch Vermieter sozusagen jetzt in Zukunft schuldig sind, was sie wirklich umsetzen müssen gesetzlich. Das sind so Dinge, die wir auch versuchen noch deutlicher in die Öffentlichkeit zu tragen. Und es geht darum, dass wir sagen Mensch, können wir euch helfen dabei, einen Energieberater, eine Energieberaterin zu finden, dass ihr konsequent plant, dass ihr es angeht. Natürlich gilt der Würzburger-Energiestandard jetzt erst mal nur für kommunale Gebäude, aber immerhin auch für unsere Töchter, also Würzburger-Stadtbau und auch sozusagen die Stadtwerke haben da, gehen jetzt auch diese Würzburger-Energiestandards.

00:09:41: Grund-Ludwig: Und dieser Standard bedeutet KfW 40 mit Passivhauskomponenten oder was ist da genau festgelegt?

00:09:46: Heilig: Genau, das ist genau dieser Teil und auch weggehen von fossilen Energieträgern und eben eine Ausstattung, grundsätzliche Ausstattung von PV. Auch da ist es so, dass wir nochmal einen extra Grundsatzbeschluss getroffen haben, dass wir eben überall, wo wir sowieso Dächer anfassen, PV grundsätzlich haben wollen. Es ist nicht immer ganz so einfach, Würzburg ist ja auch eine historische Stadt, war ja auch sehr stark zerstört im Zweiten Weltkrieg, aber war ja auch eine sehr, sehr barocke alte Stadt. Und da haben wir natürlich mit dem Denkmalschutz auch so unsere Herausforderungen. Aber da sind wir auch dabei, auch das ist was, wo wir, wo wir die Leute dabei unterstützen, neue Möglichkeiten zu finden, auch mit mit Denkmalschutz und PV eine gute Kompromisslösungen zu finden und und da ändern sich die Standards jetzt in Bayern generell da gibt es jetzt noch keine Gesetzesvorlage, sondern nur eine Kabinettsvorlage.

00:10:33: Grund-Ludwig: Wie gehen Sie denn damit um, wenn auf städtischen Grundstücken gebaut wird?

00:10:36: Heilig: Ganz generell ist es so, dass wir dort noch mal auch Vorgaben machen. Also wenn wir eigene Grundstücke verkaufen, dann sind auch dort die Standards dann einzuhalten. Das kommt dann in die Bauverträge rein. Auch da haben wir eine sogenannte solare Baupflicht, das ist eine, sagen wir mal, eine juristische Verrenkung, weil man in Bayern tatsächlich niemanden dazu zwingen darf, eine Solaranlage zu betreiben, auch nicht über so einen Trick. Aber man darf eben über Verkaufsverträge jedenfalls, darf man jemanden dazu bringen, eine Solaranlage zu bauen. Und wer würde eine Solaranlage bauen und würde sie dann nicht nutzen? Da versuchen wir eben rauszuholen, was, was möglich ist, wird von der Stadtgesellschaft auch honoriert und angenommen. Aber man sieht eben, wenn man eben rechtsgültige Dinge durchsetzen will, bei diesem Rahmen, die wir eben noch haben, dann ist es nicht so einfach.

00:11:19: Grund-Ludwig: Wie gehen Sie denn bei den städtischen Wohnungsbaugesellschaften mit dem Thema Mieterstrom um, gibt es da Konzepte?

00:11:26: Heilig: Das war ja jetzt bis zuletzt unglaublich kompliziert, juristisch auch und vom steuerrechtlichen her usw. und sowohl die Stadtwerke als auch die Stadtbau haben sich da in der Vergangenheit nicht herangetraut. Aber jetzt, jetzt geht es dort vorwärts. Die Stadtbau ist momentan in der Konzeptentwicklung auch dafür, ihren Vermieterinnen und Vermietern dann auch zum Beispiel Solarstrom selbst verkaufen zu können. Tatsächlich ist es so, dass es im Würzburger-Energiestandard, den wir uns da selbst gegeben haben, dass wir dort auch eine Recycling-Betonquote haben wollen von 30 Prozent ab einer Bausumme von 250.000 €. Dass wir darauf abzielen, fossile und mineralische Dämmmaterialien außen vor zu lassen und zu vermeiden und bevorzugt den Einsatz von recyclebaren Holzkonstruktionen haben wollen. Momentan erstellt unser Fachbereich Hochbau auch einen Leitfaden für nachhaltiges Bauen für zukünftige Bauprojekte.

00:12:19: Grund-Ludwig: Wie gehen Sie denn dann mit den Ausschreibungen um, dürfen Sie so ausschreiben?

00:12:23: Heilig: Genau das, was Sie andeuten, ist eben diese große Herausforderung. Was darf man in Ausschreibungen genau reinbringen? Welche Standards sind da zulässig? Unsere Vergabestelle, die auch mit hervorragenden Juristinnen und Juristen ausgestattet ist, arbeiten da mit uns sehr, sehr gut und einvernehmlich zusammen, damit wir eben Standards finden, die nicht zu komplex sind. Das heißt, wir wollen das auf keinen Fall noch weiter verkomplizieren, aber mit klaren Standards, die auch rechtlich sich durchhalten lassen, eben einfach nachhaltiges Bauen noch leichter möglich machen.

00:12:54: Grund-Ludwig: Sie haben ja in Würzburg sehr viel historische Bausubstanz. Da geht es ja schon auch darum, die Baustoffe, also Holz, auch Steine, die da verwendet wurden, wieder in neuen Gebäuden zu verwenden. Gibt es denn da schon so was wie eine Baustoffbörse oder ähnliches?

00:13:07: Heilig: Haben wir noch nicht tatsächlich. Wir haben uns auch im integrierten Klimaschutzkonzept damit damit auseinandergesetzt. Auch da ist es so, dass die Expertinnen und Experten sehr deutlich gemacht haben, dass wir ein ganz, ganz großes Problem haben mit gesetzlichen Standards, mit gesetzlichen Normen. Das ist ein ganz großes Problem ist, wenn man nimmt einen bestimmten Baustoff aus irgendwas raus und kann das nicht einfach wieder einbauen, sondern es muss dann wieder erst neu zertifiziert werden usw.. Uns ging jetzt, ging es jetzt vor allem in diesem Recyclingbereich ehrlich gesagt im ersten Schritt nochmal deutlicher darum, auch genauer hinzugucken, in der Kontrolle auch noch mal aufzustocken, weil wir eben wissen, dass der Baubereich eben, was die Müllmengen betrifft, einen Riesenanteil hat insgesamt am Müllaufkommen. Wir wissen, dass es viele Unternehmen gibt, die eine ganz vorbildliche, ganz hervorragende Arbeit machen, was Müllvermeidung betrifft. Das ist ja immer mehr, mehr auch ein Ressourcen-Thema geworden, aber auch einfach ein Bewusstsein für die ökologischen Herausforderungen. Tatsächlich ist es so, auch Tauschbörse usw. war ein Thema, aber das hat man bis jetzt noch nicht angegangen.

00:14:09: Grund-Ludwig: Gibt es denn für die städtischen Gebäude, die Sie planen, da fällt ja auch jede Menge Müll an, jetzt bei den Umbauten, gibt es denn da ein Konzept, ein Recyclingkonzept, das über den Standard rausgeht?

00:14:18: Heilig: Haben wir noch nicht.

00:14:19: Grund-Ludwig: Der nächste Punkt, auf den ich gerne eingehen würde, ist das Thema Weiternutzung von Wohnungen nach Umzug, modulares Wohnen. Gibt es denn da erste Projekte?

00:14:30: Heilig: Es ist so, dass wir in unserem integrierten Klimaschutzkonzept, was effiziente Wohnraumnutzung, was modulares Wohnen betrifft, einen komplett eigenen Bereich haben, also Wohnkonzepte für ein klimaneutrales, gemeinschaftsorientiertes und bezahlbares Wohnen zu fördern, heißt es hier. Wobei die Realisierung der Wohnbaupotentiale sich an gesellschaftlichen Änderungsprozessen orientiert. Wir stellen ja eigentlich immer mehr fest, dass die Quadratmeterzahl Wohnraum pro Person immer größer wird. Würzburg hat auch gerade als Unistadt sehr viele Singles. Und da ist es tatsächlich so, dass wir konkrete Ideen haben für Projekte und aber diese Aktionsstelle, effiziente Wohnraumnutzung, die wir einrichten wollen, dass wir dabei sind, die sozusagen jetzt anzugehen, aber die noch nicht eingerichtet ist.

00:15:16: Grund-Ludwig: Welche Impulse setzen Sie denn im Gebäudebestand, haben Sie da einen genauen Überblick überhaupt, wie denn der Bestand ist, auch bei privaten Gebäuden und wo man da ansetzen muss?

00:15:27: Heilig: Wir haben noch keinen Überblick über die gesamtenergetische Lage von den Gebäuden. Wir sind jetzt dabei im Rahmen der Dekarbonisierung, was Fernwärme betrifft, was die Wärmeplanung für die Zukunft überhaupt betrifft, uns einen Überblick zu verschaffen über die Gebäudestruktur. Aber wir setzen die ersten Impulse momentan ausschließlich und alleine im privaten Bereich, was Förderung betrifft und was Beratung betrifft. Das sind sozusagen die ersten Schritte in dem Bereich.

00:15:53: Grund-Ludwig: Sind Sie da auch dran an der Datenerfassung, um genau zu wissen, wie der Ausgangspunkt ist und wo Sie hin müssen?

00:15:58: Heilig: Was wir gemacht haben im ersten Schritt ist Würzburg ist ja auch eine Verwaltungsstadt. Wir haben ja eine riesen Universitätsklinik, wir haben eine große Universität, wir haben eine technische Hochschule und mit diesen öffentlichen Trägern, da arbeiten wir schon sehr intensiv zusammen, um auch zu gucken, wo kann man zum Beispiel über Nahwärmenetze was gemeinsam tun, wo kann man da auch gemeinsame Vorgehen finden? Das ist sozusagen unser erster Schritt. Aber mittelfristig brauchen wir auf jeden Fall auch den Gesamtüberblick über die Wärmeversorgung und die Sanierungssituationen im gesamten Stadtgebiet.

00:16:27: Grund-Ludwig: Wie wollen Sie da hinkommen?

00:16:28: Heilig: Das ist für uns jetzt der übernächste Schritt. Momentan geht es uns darum, einen Energieleitplan zu erstellen, wo es jetzt auch mal sozusagen um, um um eine Wärmeleitplanung geht, konzeptionell wie schaffen wir es, klimaneutral 2040 in Würzburg insgesamt zu sein? Da arbeiten wir mit den Stadtwerken sehr eng zusammen. Es geht mal um um auch Verringerung von Wärmeverlusten im Netz und aber zu sagen, dann muss auch über diesen Sanierungsteil weitergehen, dass wir uns einen genaueren Überblick uns verschaffen, was die einzelnen Gebäude in der Stadt insgesamt betrifft. Aber wie gesagt, so ein bisschen der übernächste Schritt in unserem Ablauf, was die Wärmeplanung betrifft.

00:17:01: Grund-Ludwig: Sie haben das Thema Dekarbonisierung von Fernwärme angesprochen. Wie hoch ist denn bei Ihnen der Anteil fossiler Energien noch?

00:17:08: Heilig: Ich kann Ihnen leider keine genaue Prozentzahl sagen, aber der ist sehr, sehr hoch. Wir haben einen enormen Fortschritt gemacht, was den CO2-Verbrauch im Wärmebereich betrifft, in dem wir vor Jahren umgestellt haben von Kohle auf Gas. Wir haben ein relativ effizientes Gaskraftwerk, das auch über Kraft-Wärme-Kopplung arbeitet. Wir haben ein Müllheizkraftwerk, dass da auch sozusagen in der in der Fernwärme seinen Anteil hat. Aber jetzt muss es natürlich darum gehen, den nächsten großen Schritt zu machen, wie kommen wir zur kompletten Dekarbonisierung. Und das ist, glaube ich, aus meiner Sicht mit das größte Thema in den ganzen Kommunen in Deutschland, wahrscheinlich auch darüber hinaus. Wie kann man jetzt genau diesen Schritt machen? Und da ist es das, was ich eben angedeutet habe mit dem Energie-Leitplan, den wir erstellen, zusammen mit den Stadtwerken zusammen. Da wollen wir uns jetzt einen Zwischenschritt gönnen, um uns noch mal eine Art Grundlagenkonzept erstellen zu lassen von einem möglichst innovativen Anbieter. Wie viel können wir an Kraft-Wärme-Kopplung an letzten Endes Wärmepumpen über die Abwärme des Klärwerks erwirtschaften? Wie viel können wir über Fluss-, Wasserkraftwerke Fluss-Wärmepumpen sozusagen an Energie gewinnen? Auch Abwässer, ansonsten Industrie haben wir nicht besonders viel in Würzburg, vor allem keine Schwerindustrie. Da ist nicht so viel zu holen. Aber insgesamt geht es jetzt darum, sozusagen was ist da möglich, was können wir in einem Nahwärmenetz aus diesem Bereich einspeisen und wie können wir es ergänzen? Ich meine, man muss da auch mal komplett offen denken, frei denken, sich überlegen, Müll zu verbrennen, ist das im August sinnvoll oder kann man den Müll tatsächlich sozusagen sich aufheben für die Zeiten im Winter, wenn es hoch problematisch wird. Wir wissen, dass insgesamt der technologische Fortschritt momentan ganz enorm ist, was Speichermöglichkeiten auch von Wärme betrifft und und wir haben dort bestimmte Kapazitäten bei uns schon geschaffen, aber da ist eben noch das geistige Limit, da gibt es noch ganz viele Möglichkeiten und Ansätze. Und das wird für mich jetzt aber der nächste große Schritt sein. Wie können wir über ein Heißwassernetz, die Umstellung auf Dampf und Heißwasser, eine Absenkung der Netztemperaturen, eine Verringerung der Wärmeverluste und Einbindung der ganzen innovativen Dinge, die ich gerade genannt habe, wie können wir es schaffen, eben wirklich zu dekarbonisieren, was die Wärme betrifft?

00:19:23: Grund-Ludwig: Sie haben das Thema Solarthermie jetzt gar nicht erwähnt. Ist das für Sie kein Thema, Sie haben ja jede Menge Sonne eigentlich in Würzburg?

00:19:28: Heilig: Tatsächlich auch das wird ein Thema sein, was man eben noch mal ansprechen muss. Ist es besser, eben über Photovoltaik in Strom zu gehen und über Wärmepumpen zu arbeiten oder kann es auch dahin gehen? Das wird auch Teil der Konzeption sein.

00:19:42: Grund-Ludwig: Wie gehen Sie denn mit dem Thema Quartierskonzepte um? Haben Sie da schon eine Vorstellung für bestimmte Quartiere, bei denen Sie vorangehen wollen mit der Dekarbonisierung?

00:19:51: Heilig: Also wir haben in den letzten vergangenen Jahren haben wir einige energetische Quartierskonzepte tatsächlich schon erstellt, in Heidingsfeld zum Beispiel hier eine bestimmte Straße, die auch so prototypisch ist für die Innenstadtlage insgesamt, die Windleins-Mühle, ein wichtiges Quartier, wo wir das getan haben und haben das jetzt eben über die nächsten Jahre auch in weiteren Quartieren vor. Es liefert einfach wertvolle Erkenntnisse erst mal, wie es denn überhaupt dort Sanierungsstand, Energieverbrauch, wie funktioniert die Energieversorgung der jeweiligen Gebäude, des Quartiers und dann muss man eben die nächsten Schritte angehen. Auch da ist es so was für Fernwärme Optionen, was für Nahwärmennetze sind da eigentlich zukünftig die richtigen? Auch auch wirtschaftlich muss das Ganze natürlich bewertet werden. Da haben wir natürlich jetzt noch mal eine irre Entwicklung durch die hohen Energiepreise. Überhaupt können wir nicht mehr damit rechnen, dass fossile Energien billiger werden, sondern die kennen nur eine Richtung und deswegen gibt es jetzt eben auch einen guten Grund dafür, jetzt noch mal in diese Quartierskonzepte konsequenter reinzugehen und dann eben auch mit einem ordentlichen Sanierungsmanagement eins nach dem anderen durchzusetzen und durchzuziehen. Wir haben auch einige wesentliche Grundlagen über Beratungsleistungen. Wir haben hier einen Sanierungsmanager, der auch bei den verschiedenen Quartieren eigene Bürozeiten hat vor Ort, um die Menschen auch direkt mitzunehmen, direkt zu beraten und denen deutlich zu machen, welche Erkenntnisse wir gewonnen haben aus diesen Sanierungskonzepten. Und wir arbeiten vor allen Dingen natürlich mit den größeren Investoren da auch schon ganz gut zusammen. Und zumal eben auch mit den verschiedenen Wohnstiftungen. Also da haben wir auch einige in Würzburg, nicht nur die städtische Stadtbau, sondern eben auch einige andere. Aber oft fehlt noch sozusagen der letzte Impuls, auch zu sagen Mensch, Leute, habt ihr festgestellt, die und die Förderungsmöglichkeiten gibt es da noch, können wir auch gemeinsam was machen.

00:21:39: Grund-Ludwig: Sind das jetzt Quartiere mit einheitlichen Eigentümern, oder sind es schon Quartiere, wo Sie versuchen müssen, unterschiedliche Eigentümer unter einen Hut zu bringen?

00:21:48: Heilig: Es sind immer unterschiedliche Eigentümer. Also wir haben so eine monolithische Struktur haben wir in Würzburg nicht, sondern wir müssen immer mit verschiedenen reden. Wir müssen immer auf verschiedene zugehen und das macht es natürlich besonders herausfordernd.

00:21:58: Grund-Ludwig: Ich würde Ihnen gern noch eine letzte Frage stellen. Sie sind ja auf kommunaler Ebene tätig. Was wäre denn Ihr Wunsch im Moment an die Politik, ausgehend von der Bundesregierung, um es den Kommunen einfacher zu machen, sich hier auf den Weg zu begeben?

00:22:13: Heilig: Also tatsächlich ist es so, dass ein ganz großes Manko, was wir sehen, bei aller Dankbarkeit für die Förderungsmöglichkeiten, die es so gibt, ist, dass es unglaublich aufwendig, bürokratisch, ist, dass das Antragswesen wirklich, also unnötig kompliziert ist und wir dann auch im Nachgang noch sehr viele Nachweise liefern müssen, was wurde jetzt genau gefördert und es wird noch dreimal kontrolliert und das wäre, das wäre der ganz große Wunsch, dass man da mehr pauschalisiert und die Kommunen einfach großzügig finanziell unterstützt. Ich glaube, das Ziel, das wir gemeinsam haben, ist klar. Ich persönlich spreche mich auch dafür aus, dass Klimaschutz zur Pflichtaufgabe wird. Allerdings nur dann, wenn diese Pflichtaufgabe nicht nur so ausgesprochen wird, sondern wenn dann auch die finanziellen Mittel wirklich kommen für uns. Wenn die Unterstützung von Bund und Land wirklich da ist, damit wir unsere Hausaufgaben machen können. Ich habe das Beispiel gebracht von unseren Schulen, von unseren kommunalen Gebäuden. Allein das, was uns das kostet, die in einen Zustand zu bringen, den wir brauchen, da brauchen wir das Geld. Und auf der anderen Seite brauchen wir auch die Möglichkeiten. Ich habe das Kommunalrecht auch schon mal angesprochen, dann eben auch rentierliche Schulden zu machen, wenn man sagen kann okay, hier lohnt sich etwas für uns, aber wir müssen auch die Beweglichkeit haben, uns dann zur Not Kredite dafür zu nehmen und um da investieren zu können. Das werden eigentlich meine drei größten Punkte. Erstens, wie gesagt, eine Entbürokratisierung, dass man es uns einfacher macht bei vielen Dingen auch was Förderung betrifft, zweitens eine pauschalere und großzügigere Förderung der Kommunen. Und das Dritte ist eben auch ein modernes Haushalts-, ein modernes Kommunalrecht, das eben Klimaschutz auch möglich macht und uns da einfach flexibler und beweglicher macht.

00:23:50: Grund-Ludwig: Okay, danke Herr Heilig, war ein super spannender Überblick über den Alltag eines Klimabürgermeisters. Danke Ihnen.

00:23:56: Heilig: Gerne.

00:23:57: Sprecher: Sie hörten einen Podcast zur Gebäudewende. Unser Gesprächspartner war Martin Heilig, Klimabürgermeister in Würzburg. Redaktion: Pia Grund-Ludwig. Sprecher: Oliver Barner. Schnitt: Carolina Bergedieck. Weitere Ausgaben unseres Podcasts auf allen gängigen Podcast-Plattformen unter dem Titel Gebäudewende. Es hat Ihnen gefallen? Dann gleich abonnieren.

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